Immer wieder ist zu lesen, dass Existenzgründer schon in den ersten Jahren nach der Gründung scheitern. Das ist leider eine statistisch belegbare Tatsache. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Die unzureichende Finanzierung des Geschäftsvorhabens ist ein gewichtiger, aber nicht der einzige Grund, warum Menschen, die den Schritt in eine selbstständige Existenz wagen, schon nach wenigen Monaten oder Jahren wieder aufgeben müssen. Selbst wenn eine Gründerin oder ein Gründer nach Lehrbuchmeinung alles richtig gemacht hat, bleiben Restrisiken in Form nicht vorhersehbarer Ereignisse. Am häufigsten sind die folgenden Aspekte für das Scheitern verantwortlich.
Zu geringes Eigenkapital
Jede Existenzgründung benötigt liquide Mittel, um Investitionen zu tätigen und die wirklich unvermeidbaren Kosten in den ersten Monaten abzudecken. Und auch die Sicherung des Lebensunterhaltes muss gegeben sein. Viele Gründer starten jedoch mit zu geringem Eigenkapital. Dies birgt die Gefahr, dass das junge Unternehmen finanziell schnell in die Schieflage geraten kann. Ohne Eigenkapital ist eine Existenzgründung nahezu unmöglich. Auch bei der Beschaffung von Fremdmitteln sind Eigenkapital und andere Sicherheiten eine unabdingbare Voraussetzung.
Finanzierungsfehler
Ebenso wie die erwarteten Umsätze im Businessplan oft zu hoch geschraubt werden, kalkulieren viele Jungunternehmer oft zu knapp. Stellt sich nach kurzer Zeit heraus, dass bewilligte Fremdmittel unzureichend sind, wird es schwierig, bestehende Kreditlinien ohne weitere Eigenleistungen oder Sicherheiten auszuweiten. Kapitalgeber wie Kreditinstitute sehen Nachschläge immer kritisch. Möglichen Vertrauenskrisen beugt man am besten vor, indem man die Kreditlinien und –höhen über den tatsächlichen Bedarf hinaus plant. Das spart im Falle des Falles viel Ärger. Nicht selten scheitern Existenzgründer, weil die Bank den „Geldhahn“ im Wortsinne zudreht.
Fehlende kaufmännische Kenntnisse
Eine Geschäftsidee kann noch so gut sein, die technische Umsetzung noch so brillant. Fehlen grundlegende Kenntnisse über betriebswirtschaftliche Zusammenhänge, besteht immer die Gefahr, dass Geschäftsrisiken falsch eingeschätzt oder nicht rechtzeitig erkannt werden. Oft steigen die Fixkosten schneller, als es die Umsätze erlauben. Hiervon wieder runterzukommen, stellt einige Jungunternehmer vor die ersten großen Probleme. Mieten, Leasingraten und andere langfristigen Zahlungsverpflichtungen sollte der Jungunternehmer daher gründlich durchkalkulieren, bevor er Verträge unterschreibt.
Mängel im Businessplan
Businesspläne werden oft erstellt, um Kreditinstitute von einer Geschäftsidee zu überzeugen und benötigte Finanzmittel zu erhalten. Risiken werden dabei oft ausgeblendet und Erwartungen zu hoch gesteckt. Wichtig ist es, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein. Wenn die Geschäfte nicht wie erhofft verlaufen, sollten Businesspläne an die Realitäten angepasst werden. Lieber konservativ planen als zu euphorisch! Selbst die Gründer, die über ausreichende eigene Mittel verfügen, sollten unbedingt einen Businessplan erstellen. Dies dient der Selbstkontrolle sowie der realistischen Einschätzung des mittel- und langfristigen Kapitalbedarfs.
Markteinschätzung der Geschäftsidee
Viele unerfahrene Gründer glauben, eine gute Idee reiche aus, damit der Rubel schnell rollen kann. Ein Irrglaube. Bevor ein Geschäftsmodell richtig greift, ist viel Vorarbeit zu leisten. Ohne Werbemaßnahmen – in welcher Form auch immer – läuft es nicht. Längere Vorlaufzeiten müssen daher einkalkuliert werden. Sie können bis zu drei Jahre dauern. Mangelndes Marketing gehört zu den zweithäufigsten Ursachen des Scheiterns in den ersten sechs Jahren, denn nicht selten wird die Nachfrage nach einem Produkt oder einer Dienstleistung überschätzt und der Wettbewerb erheblich unterschätzt. Nicht umsonst heißt es oft: „Die Konkurrenz schläft nicht.“
Familiäres Umfeld
Existenzgründern wird viel abverlangt. Der unbedingte Wille zum Erfolg allein reicht nicht. Ein überdurchschnittlicher Arbeitseinsatz in den ersten Monaten und Jahren, bevor eine Gründung richtig läuft, ist die Regel. Viele Gründer scheitern deshalb, weil sie ihre sonstigen Verpflichtungen nicht mit den Anforderungen ihres Geschäfts unter einen Hut bekommen. Optimal ist es, den Partner oder die Familie frühzeitig mit einzubinden und deren Unterstützung sicherzustellen. Temporäre Entbehrungen lassen sich dann besser verkraften.
Selbstüberschätzung
Gründer ohne unternehmerische Erfahrung sind oft derart berauscht von ihrer Geschäftsidee, dass sie sprichwörtlich auf Pump leben. Das heißt, in Erwartung zukünftiger Umsätze zu viele Ausgaben tätigen. Entwickeln sich die Geschäfte wider Erwarten nicht so schnell und bleiben Umsätze in der erhofften Höhe aus, können urplötzlich finanzielle Schieflagen entstehen, welche die Existenz bedrohen. Unbedingt unterschieden werden müssen Ausgaben, die investiven Zwecken dienen und solchen, die eher das eigene Ego befriedigen. Der Auftrag hängt nicht davon ab, ob der Jungunternehmer mit einem besonders dicken Geschäftswagen beim Kunden vorfährt.
Streit unter Gründern
Wenn sich mehrere Gründer verbünden und vertraglich in einer GbR oder GmbH binden, sollte jeder Mitgründer unbedingt Verträge durch einen Anwalt seines Vertrauens auf Fallstricke prüfen lassen. Nicht selten werden in der euphorischen Gründungsphase Zugeständnisse an andere Gesellschafter gemacht, die sich später als große Bürde erweisen und nicht mehr ohne Weiteres korrigierbar sind. Rechtsstreitigkeiten zwischen den Gründergesellschaftern sind dann vorprogrammiert, was nicht selten den Anfang vom Ende eines Unternehmens einläutet. Auch sollte man immer bedenken, dass sich individuelle Zielsetzungen im Laufe der Zeit verändern können. Frühzeitige Aussprachen helfen, mögliche Differenzen rechtzeitig zu erkennen und Konflikte zu vermeiden, um das Geschäftsmodell insgesamt nicht zu gefährden.
Fehlende Innovationspotenziale
Selbst wenn ein Geschäftsmodell erfolgreich startet und nach einigen Jahren gute Gewinne abwirft, kann sich der Wind urplötzlich drehen. Wichtig ist es, für diesen Fall rechtzeitig Rücklagen zu bilden, damit auch finanzielle Durststrecken überbrückt werden können. Ohnehin ist es immer ein Risiko, sich ausschließlich auf ein Produkt oder wenige Kunden zu konzentrieren. Erstens entstehen sehr große Abhängigkeiten und zweitens können bestehende Kunden – sofern man nicht mit Verbrauchsprodukten handelt – so nicht langfristig gebunden werden. Brechen diese Kunden plötzlich weg, entsteht schnell eine große Lücke, die nicht wieder zeitnah gefüllt werden kann. Diversifikation und Innovation bieten die beste Gewähr für die langfristige Entwicklung und Absicherung des Geschäftsmodells.
Sonstige Ursachen
Auch wenn alle Voraussetzungen einer erfolgreichen Existenzgründung gegeben sind und von der Geschäftsidee bis zur Finanzierung alles stimmt, können unvorhersehbare Ereignisse eintreten, die ein Unternehmen gefährden können. Plötzliche Änderungen im Kaufverhalten oder abrupte Trendeinbrüche können immer auftreten.
Fazit
So wie das Leben insgesamt, ist auch jede Existenzgründung mit Risiken behaftet. Wichtig ist es dabei, mögliche Gefahren rechtzeitig zu erkennen und im Auge zu behalten. Ist die Risikobereitschaft gering oder nicht vorhanden, sollte man überlegen, ob eine selbstständige Existenzgründung wirklich der richtige Schritt ist. Hundertprozentige Erfolgsrezepte gibt es nämlich nicht. Und sollte man wirklich einmal scheitern, ist das auch kein Weltuntergang. Denn jedes Scheitern birgt in der Regel auch die Chance auf einen Neubeginn. Und wie sagt der Volksmund doch so schön: „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“!