Manchmal sind skurril und verrückt scheinende Geschäftsideen deshalb so erfolgreich, weil sie sich an eine kleine und überschaubare Zielgruppe wenden, hier viele Sympathien auslösen oder einfach nur faszinieren. Ein Patentrezept, wie sich aus einer verrückten Geschäftsidee eine Erfolgsstory machen lässt, gibt es jedoch nicht. Doch was sind eigentlich die typischen Eigenschaften einer Geschäftsidee, der wir den Stempel „verrückt“ aufdrücken?
Prinzipiell lässt sich feststellen, dass sie allesamt nicht den Normvorstellungen entsprechen und oft eher den Selbstverwirklichungstrieb der Erfinder widerspiegeln. Häufig sind es auch nur außergewöhnliche oder fortschrittliche Ideen, die dem Zeitgeist vorauseilen. Dies ist bei technischen Erfindungen, deren Potenzial einfach noch nicht erkannt wurde, immer wieder der Fall.
Die Fehleinschätzung des IBM-Vorsitzenden aus dem Jahr 1943 in Bezug auf das Weltmarktpotenzial für Computer, das er bei fünf Einheiten sah, ist in diesem Zusammenhang legendär und ein Beispiel unter vielen. Die verrückten Geschäftsideen, von denen hier die Rede ist, sind jedoch allgemein recht simpel und daher leicht zu verstehen, wie die folgende kleine Auswahl zeigt.
1. The Million Dollar Homepage
Wer erinnert sich nicht an die One-Million-Dollar-Website, die verrückte Geschäftsidee aus dem Jahr 2005, als der Student Alex Tew auf die skurrile Idee kam, seine Website pixelweise zu verkaufen? Aus der Not heraus geboren, weil er Geld für sein Studium brauchte, bot er die Pixel seiner Website „The Million Dollar Homepage“ einer Imagemap der Größe 1000x1000 Pixel für je 1,- US-Dollar je Pixel an. Die Seite wurde ein überwältigender Erfolg, mit dem er wohl selbst nicht gerechnet hatte.
Jeder konnte sich hier für einen Dollar verewigen, indem er den Grafiklink seines gekauften Pixels auf eine beliebige Homepage setzen konnte. Bei diesem Spaß, der Dauerwerbung ermöglichte, wollten natürlich viele dabei sein und sicherten sich ganze Pixelblöcke, was die Darstellung eines erkennbaren Logos auf der Seite ermöglichte. Mund-zu-Mund-Propaganda machte diese Seite binnen kürzester Zeit berühmt und Alex Tew tatsächlich zum Millionär, was Berichten zufolge den rund 200 Nachahmern so jedoch nicht mehr gelang.
2. Papier aus Elchdung
Dass Papier aus Zellulose hergestellt wird, weiß selbst ein Laie. Richtig wird dessen Herkunft auch dem Naturrohstoff Holz zugeordnet. Die Tatsache, dass die Ausscheidung der nordischen Elche zu 70 % aus Zellulose besteht, ist jedoch Expertenwissen. Spätestens hier müsste ein Kandidat bei „Wer wird Millionär“ passen und einen Joker zu Hilfe nehmen oder aber Sune Hagmark heißen, der aus diesem außergewöhnlichen Rohstoff im schwedischen Östersund Papier herstellt.
Mit einem haushaltsüblichen Küchenmixer mixt er aus den tierischen Hinterlassenschaften zunächst einen Brei, der dann für die weiteren Bearbeitungsschritte aufbereitet wird. Das Papier, das dabei als Endprodukt entsteht, hat eine bräunliche Farbe und duftet – anders als man vermuten würde – schlichtweg nach Holz, das von der Birkenrinde entstammt, einer Lieblingsspeise der stattlichen Wiederkäuer.
Deshalb ist das Endprodukt auch grob strukturiert und mit winzigen Holzstückchen übersät. Nicht nur bei Touristen, die seine Farm besuchen, wurde das Elchpapier ein Hit, sondern auch bei US-amerikanischen Firmen, die sein Papier unbedingt kaufen wollen.
3. Vermietung von Meerschweinchen
Leihmütter sind nichts Ungewöhnliches. Auch Hunde kann man ausleihen, um herauszufinden, ob ein Vierbeiner wirklich der Gefährte ist, nach dem man sucht. Aber Meerschweinchen? Nun gibt es das tatsächlich im schweizerischen Hirnwil, einem Dorf, das rund 30 km von Zürich entfernt liegt.
Weil nach einer Novelle der schweizerischen Tierschutzverordnung seit dem 01.09.2011 Meerschweinchen nicht mehr einzeln gehalten werden dürfen, wurde die verrückte Geschäftsidee „Meersäuli zum Mieten“ von Priska Küng schlagartig bekannt. Wenn Meerschweinchen nämlich nur noch paarweise gehalten werden dürfen, verbleibt nach Versterben eines Tieres das andere nun mal allein übrig, da die Tierpärchen wohl selten zur gleichen Zeit sterben.
Da das verbliebene Meerschweinchen laut Gesetz nicht allein bleiben darf, erforderte dies die Anschaffung eines neuen Tieres. Eine endlose Tierhaltungskette entstünde. So aber bleibt das zurückgebliebene Meerschweinchen nie allein, und wenn es das Zeitliche segnet, wird der Mietpartner einfach wieder in Hirnwil abgegeben. Ab 50,- SFR lässt sich ein Meerschweinchen als Partner auf Zeit bei Priska Küng mieten.
4. Reiseagentur für Kuscheltiere
Zwar nehmen Kinder gern ihre Teddys und Kuscheltiere mit auf Reisen – eine eigenständige Reiseagentur für Stofftiere gab es vor 2010 jedoch noch nicht. Das änderte sich schlagartig, als ein cleverer Startup-Unternehmer aus Prag auf diese total verrückte Geschäftsidee kam. Schließlich ist die Stadt ein regelrechter Touristenmagnet, der jährlich Millionen Besucher anzieht und als Kulisse für unzählige Erinnerungsfotos herhalten muss.
Wieso nur Menschen auf den Fotos von der Karlsbrücke und anderen Sehenswürdigkeiten zu sehen sein sollten, fragte sich Tomio Okamura als Gründer und Inhaber von „Sendyourdarling“, dem weltweit ersten Spezialreisebüro für Plüschtiere. Über mangelnde Resonanz konnte sich der quirlige Startup-Unternehmer jedenfalls nicht beklagen, nachdem er in der tschechischen Ausgabe der Reality-Show Dragon’s Den auftrat.
Die Idee: Die Stofftiere werden von ihren Besitzern eingeschickt, vom Sendyourdarling-Team gut umsorgt und an bekannten Plätzen abgelichtet. Dann geht es zurück mit speziellem Reisepass und (Beweis)Fotos an den Besitzer. Inzwischen hat die Idee des Reisebüros der etwas anderen Art viele Nachahmer gefunden.
Sei es in Barcelona (www.barcelonatoytravel.com/de), in Paris (www.furrytoystours.com) oder auch in Königswinter bei Bonn, wo mit „Teddy-In“ (www.teddy-in.com) ein Reisebüro für Teddys und andere Stofftiere residiert, welches Reisen mit den kuscheligen Freunden unternimmt und fotografisch dokumentiert.
5. Stallduft aus der Dose
Wer zum ersten Mal davon hört, dass es jetzt würzige Landluft in Dosen zu kaufen gibt, denkt bestimmt, was für eine verrückte Geschäftsidee das doch ist. Skurril erscheint die Idee aber nur auf den ersten Blick, denn die Philosophie, die dahinter steckt, ist nicht einmal so abwegig.
Die Sehnsucht vieler Stadtmenschen nach ländlicher Idylle sowie Kindheitserinnerungen von Menschen, die auf dem Land groß wurden, ist stärker ausgeprägt, als manch einer denkt. Genau hier setzt Daniela Dorrer, eine 24-jährige Bürokauffrau aus dem niederbayerischen Landshut, an. Niederbayerischer Stallduft (www.stallduft.de) in Dosen heißt ihr Verkaufsschlager, den sie ins In- und Ausland versendet.
Mit Industriewatte als Trägermaterial hält sich der Stallgeruch, der direkt im Kuhstall eingefangen wird, ein ganzes Jahr lang. In dekorative Dosen verpackt ist es eine außergewöhnliche Geschenkidee, die alles anderes als anrüchig ist, sondern einfach nur ausgesprochen frappant. Davon abgesehen, wurde nicht auch schon mal Berliner Luft in Dosen verkauft?
6. Social Memories – Netzwerkaktivitäten von Facebook-Nutzern als Buch
Immer mehr Nutzer verbringen immer mehr Zeit im sozialen Netzwerk Facebook und bringen hier jede Menge eigene Ideen, Kreativität sowie persönliche Notizen ein. Die Facebook-Aktivität eines jeden Nutzers erhält damit ein ganz individuelles Gepräge, das ebenso wie ein Tagebuch einmalig und unverwechselbar ist. Es wäre wirklich schade, wenn all diese eingebrachten Energien in den Weiten des Facebook-Netzwerks versickern würden.
Social Memories (www.facebook.com/socialmemories), heißt die App, welche diese personalisierten Inhalte grafisch-visuell dokumentiert und in einem Buch für die Ewigkeit festhält. Eine gar nicht mal so verrückte Geschäftsidee, wenn man das Potenzial bedenkt, welches sich mit dieser Geschäftsidee ansprechen lässt.
Schließlich heben wir ja auch alte Schulhefte auf oder dokumentieren mit Fotos und Videos wichtige Abschnitte aus unserem Leben. Die Applikation für die Bucherstellung aus den „sozialen Erinnerungen“ in Facebook wurde von der Deutschen Post entwickelt und befindet sich derzeit noch in der Betaphase.
Fazit:
Wie an diesen Beispielen ersichtlich ist, lässt sich der Geschäftserfolg von verrückten Geschäftsideen nicht planen. Die Idee muss nur irgendwie ankommen bzw. es muss ein Markt für das Produkt vorhanden sein. Auch wenn die Zielgruppen, in der sich die Ideen etablieren, klein sind, können verrückte Geschäftsideen ein großes Medienecho auslösen.
Formate wie „Galileo“ auf ProSieben greifen solche außergewöhnlichen Erfindungen regelmäßig auf, um sie einem großen Publikum vorzustellen. Man sollte daher seinem Erfindertrieb freien Lauf lassen und sich mit marktreifen Produkten in die Selbständigkeit wagen. Wenn eine Geschäftsidee als verrückt deklariert wird, ist das bereits das Feedback, das von Kunden, Fans, Konkurrenten und den Medien kommt.